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Modernisierung der Schleuse Iffezheim

Datum 28.03.2023

Nach über 45 Jahren Betriebszeit müssen die Rollschütze, die dazugehörigen hydraulischen Antriebe und die elektrische Steuerung ersetzt werden. Der Neubau und Austausch erfolgt etappenweise im laufenden Betrieb ohne komplette Sperrung einer Schleusenkammer. In der Umbauphase wird es temporär zu einer Verlängerung der Schleusungsdauer von ca. 10 Minuten in einer Kammer kommen. Die zweite Schleusenkammer steht der Schifffahrt, außer bei planmäßigen Schleusensperren, uneingeschränkt zur Verfügung.

Einbau Schütz mit Schiff im OW Einbau Schütz mit Schiff im OW Einbau neues Füllschütz im Oberwasser Quelle: WSA Oberrhein Christian Tritschler

Die Schleuse Iffezheim ist eine der größten und leistungsfähigsten Binnenschleusen in Europa. Sie ist für die Schifffahrt das "Tor zur Nordsee" mit Zugang zu den weltweiten Warentransportwegen und Logistikzentren. Schleusungen müssen an jedem Tag des Jahres rund um die Uhr (24/7) sichergestellt werden.

Insgesamt acht Längskanalverschlüsse (Rollschütze) der Schleuse Iffezheim steuern den Wasserstand (Zu- und Abfluss) in den beiden Kammern und stellen sozusagen die „Herzklappen“ der Schleuse dar. Diese wichtigen Bauteile weisen nach über 45 Betriebsjahren zahlreiche Mängel auf und können nicht mehr wirtschaftlich instand gesetzt werden. Um die aktuellen Anforderungen im Hinblick auf Standsicherheit, Dauerhaftigkeit und Betriebssicherheit zu erfüllen, war es für das WSA Oberrhein unerlässlich, diese Verschlüsse komplett neu zu planen.

Im Vorfeld durchgeführte 3D-Laservermessungen in den acht Schützschächten ließen deutliche Verformungen der hoch belasteten Hauptlaufschienen erkennen. Im Zuge des Neu- und Umbaus ist es erforderlich, diese mit gefährlicher Altbeschichtung (Asbest, PAK) versehenen Stahlwasserbauteile auszutauschen. Dazu müssen die Schützschächte abschnittsweise eingehaust (Schwarz-Weiß-Bereiche) und die Altbeschichtung unter Beachtung der Sicherheitsanforderungen (4-Kammer-Personalschleuse, Unterdruckhaltung, Faserfreimessung etc.) entfernt werden.

Zum Einbau der neuen Schienenkonstruktion werden im Vorfeld Betonaussparungen hergestellt. Darin können die Seitenführungskräfte eingeleitet werden, welche die Spurkränze der neuen Hauptlaufrollen hervorrufen. Diese direkte Führung der neuen Verschlüsse ermöglicht ein deutlich besseres Laufverhalten. Die neuen Schienen müssen dafür millimetergenau ausgerichtet, verankert und mit einem zugelassenen Flüssigmetall rückseitig injiziert werden. Danach ist es zur Vermeidung von Korrosion unerlässlich, sämtliche Stahlteile unter Beachtung der erforderlichen klimatischen Bedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Taupunkt etc.) in mehreren Arbeitsgängen zu beschichten.

Die neuen Rollschütze (Breite/Höhe/Tiefe: 5,10/4,80/0,63 m) wiegen jeweils 19 t und sind somit um ca. 50 % schwerer als die alten Verschlüsse. Das höhere Gewicht wird benötigt, damit die Stahlwasserbaukonstruktionen eine Lebensdauer von mindestens 70 Jahren erreichen. In dieser Zeit müssen die Längskanalverschlüsse über 600.000 Lastspiele (Schleusungen) und Druckstöße bis zu 3.930 KN schadlos aufnehmen. Das höhere Gewicht trägt außerdem dazu bei, dass die Schütze jederzeit, auch bei Stromausfall oder Not-Halt, allein durch ihr Eigengewicht sicher schließen.

Damit zu keiner Zeit eine Vollsperrung der Schleuse Iffezheim mit weitreichenden Folgen für den Schiffsverkehr eintritt, wird die Baumaßnahme im Wesentlichen in vier Bauabschnitten durchgeführt. Dafür werden die beiden Schützschächte eines Längskanales mit insgesamt vier Revisionsverschlüssen abgeschottet und leergepumpt. In diesen beiden Arbeitsräumen können unabhängig vom Kammerwasserstand die Arbeiten durchgeführt werden. Die Schleusenkammer wird in dieser Zeit mit dem zweiten Längskanal weiterbetrieben, was die Schleusungsdauer lediglich um ca. 10 Minuten verlängert. Die zweite Schleusenkammer steht der Schifffahrt darüber hinaus uneingeschränkt zur Verfügung.

Der Bauabschnitt I ist bereits weitestgehend abgeschlossen. Die ersten zwei Schütze befinden sich noch bis Mitte Juni 2023 im Probebetrieb. Die Gesamtmaßnahme mit insgesamt 10 Längskanalverschlüssen (2 Reserveschütze), den dazugehörigen neuen hydraulischen Antrieben mit elektrischer Steuerung und Betoninstandsetzung ist mit 7,5 Mio. € veranschlagt und wird voraussichtlich noch bis ins Jahr 2025 (Bauabschnitte II-IV) andauern.

Die Arbeiten liegen trotz der Erschwernisse durch Materialknappheit infolge des Ukraine-Krieges, der zahlreichen Gewerke, Nachunternehmer und Fachstellen weitestgehend im Kosten- und Zeitplan.

Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Oberrhein ist Teil der Bundesverkehrsverwaltung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV). Als Unterbehörde der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) betreut das WSA Oberrhein die Bundeswasserstraße Rhein von Rhein-km 170 an der deutsch-schweizerischen Grenze bis zur Weisenauer Brücke bei Rhein-km 493,5 zwischen Mainz und Ginsheim-Gustavsburg einschließlich zweier Altrheinarme in Hessen sowie die Bundeswasserstraße Neckar im Bereich der Mannheimer Innenstadt. Für diese in Summe rund 340 km langen Gewässerabschnitte übernimmt das WSA Oberrhein als öffentlicher Dienstleister vor Ort mit etwa 350 Beschäftigten die Aufgaben, die sich dem Grundgesetz entsprechend aus der Verwaltung der Bundeswasserstraßen und den staatlichen Aufgaben der Binnenschifffahrt ergeben.

Bilder zur Modernisierung der Schleuse Iffezheim